Der Mediziner Hans Hugo Bruno Selye machte den Stressbegriff so berühmt. Er schrieb unfassbare 1700 Arbeiten und 39 Bücher zu diesem Thema und erhielt zu seinen drei erworbenen Doktoraten noch 43(!) Ehrendoktorate. Mit Stress hat der Mann sich also ausgekannt und sein Lebenswerk hat er so zusammengefasst: „Ich habe allen Sprachen ein neues Wort geschenkt – Stress.“
Ob Stress in der Arbeit, Stress in der Beziehung oder sogar Stress in der Freizeit – der Begriff „Stress“ ist aus unserem Alltag fast nicht mehr wegzudenken. Aus dem Englischen übersetzt versteht man darunter etwa „Druck“, „Anstrengung“ oder auch „Anspannung“. Je nach Kontext kann damit jedoch allerhand Unterschiedliches gemeint sein. Es gibt keine einheitliche Definition von Stress – wenn auch der Begriff in unserem Sprachgebrauch überwiegend negativ besetzt ist. Denn in der Regel wird Stress als ein höchst unangenehmer Gefühlszustand erlebt, der mit einer erhöhten körperlichen Aktivierung einhergeht. Diese kann sich etwa durch Herzklopfen, schnellere Atmung, Schweißausbrüche, muskuläre Anspannung oder auch Zittern bemerkbar machen. Oft wird dieser Stresszustand auch als bedrohlich oder gar schädlich empfunden.
Von Hans Selye stammte die Unterscheidung zwischen Eustress (positiver Stress), der uns anspornt und motiviert, und Distress (negativer Stress), der als belastend erlebt wird, weil die Rückkehr in das Gleichgewicht, die Balance nicht mehr gelingt.
Negative Stressbelastungen können neben klassischen Gefahrensituationen v.a. Arbeits- und Termindruck, zwischenmenschliche Verstimmungen oder Konflikte sein. Stressempfinden entsteht dabei immer dann, wenn die Person das Gefühl hat den Belastungen, denen sie ausgesetzt ist, nicht mehr gewachsen zu sein. Als Ressourcen für die Bewältigung dienen etwa Fähigkeiten und Wissen der Person, ihre Einstellungen und Denkmuster, aber auch ihr soziales Netzwerk, durch welches sie Unterstützung erhält.
Kurzfristige Auswirkungen von Stress
Evolutionsbiologisch gesehen sind die Stressreaktionen in unserem Körper berechtigt und wichtig: sie sollen uns in Gefahrensituationen optimal darauf vorbereiten, entweder mit Angreifern zu kämpfen oder vor diesen zu fliehen („fight or flight“) und so unser Leben zu sichern. Unser Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt, indem unser Gehirn vermehrt Botenstoffe, wie Adrenalin oder Noradrenalin freisetzt. Diese erhöhen den Blutdruck, beschleunigen den Atem und versorgen die Muskulatur vermehrt mit Sauerstoff.
Cortisol, das innere Medikament
Das Stresshormon Cortisol erinnert uns an Cortison, das der Vorläuferstoff von Cortisol ist. Wenn wir aufgrund einer Erkrankung Cortison verabreicht bekommen, wissen wir, dass es um eine ernsthafte Problematik geht und dass die Behandlung nicht zu lange dauern sollte. Cortisol wirkt wie Cortison in unserem Organismus, es unterdrückt das Immunsystem.
Das ist übrigens auch der Grund, warum wir häufig in intensiven Stressphasen nicht krank werden, dafür aber am Wochenende oder im Urlaub. Entspannen wir uns, sinkt nämlich der Cortisol-Spiegel, das Immunsystem wird wieder aktiviert und beginnt sich gegen diverse Krankheitserreger zu wehren und wir spüren erst dann Halsschmerzen etc. …
Auf Dauer ist ein überhöhter Cortisolspiegel also ein großes Gesundheitsrisiko.
Langfristige Auswirkungen von Stress
Ein gesundes Stresssystem ist in der Lage, all die körperlichen Reaktionen wieder einzustellen, sobald kein Stressreiz mehr vorhanden ist. Bleibt es hingegen (durch ständiges Stressempfinden) dauerhaft erregt, so kommt es zum „chronischen Stress“, welcher uns krank macht. Insbesondere das Immunsystem, das Herz-Kreislauf-System und das Verdauungssystem leiden darunter: Unsere Immunzellen schützen sich vor dem Übermaß an Stresshormonen und werden gegen deren Wirkung resistent. Dies begünstigt entzündliche Prozesse im Körper und macht uns anfällig für Allergien, Infektionserkrankungen, Fettleibigkeit, Diabetes und koronare Herzerkrankungen. Der Magen-Darm-Trakt reagiert mit Verdauungsproblemen oder sogar Magengeschwüren und chronische Muskelverspannungen können auf Dauer Kopf- und Rückenschmerzen verursachen. Außerdem sind Appetit- und Lustlosigkeit, erhöhtes Schmerzempfinden, Aufmerksamkeits- und Gedächtniseinbußen sowie allgemeine Erschöpfungszustände die Folge. Letztere können auch in Depressionen oder Burn-out münden.
Die Auswirkungen chronischer Stresszustände sind schockierend, können jedoch durch einfache Maßnahmen, wie Entspannungsübungen, verhindert werden.
Was können wir tun, wenn uns der Stress packt?
Wenn wir die Fähigkeit zur eigenständigen Entspannung erhöhen, dann steigern wir die Wahrscheinlichkeit in den nächsten 15 Jahren gesund zu bleiben um das 50(!)-fache. Das ist das Ergebnis einer Studie die mehr als 20 Jahre mit rund 30.000 Menschen durchgeführt wurde. Dafür sind die Übungen in unserer Chillax Zone gedacht, die Selbststeuerung soll verbessert werden.
1. Schritt: Erkennen der persönlichen Stresssymptome anhand körperlicher und psychischer Signale, wie Gereiztheit, Nervosität und diverse Schmerzen.
2. Schritt: Regeneration organisieren. Soziale Kontakte, Bewegung, künstlerischer Ausdruck, Musik, Naturerlebnisse und Entspannungsübungen. Letzteres kann jederzeit durchgeführt werden.
3. Schritt: Entspannungsroutinen aufbauen, z.B. durch Übungen wie in unserer Chillax Zone oder durch Achtsamkeitsübungen wie in unserem Mindful Now Bereich.
Wusstest Du, dass …
Literatur:
Grossarth-Maticek, R. (2003), Selbstregulation, Autonomie und Gesundheit : Krankheitsfaktoren und soziale Gesundheitsressourcen im sozio-psycho-biologischen System.
Barbara I. Tshisuaka (2005): Selye, Hans. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York
Geist & Gehirn, Ausgabe 6/2017
Geist & Gehirn, Ausgabe 11/2017